Vom Armaturenhersteller zum globalen Player in der Haustechnik

Die Herz Gruppe feiert ihren 125-jährigen Geburtstag – ein Rückblick auf die außergewöhnliche Erfolgsgeschichte.

Das 125-Jahr-Jubiläum, das die weltweit bekannte Herz Gruppe dieses Jahr begeht, ist etwas ganz Besonderes, allein schon, wenn man bedenkt, dass zwei Weltkriege für viele Unternehmen das Ende bedeutet hatten. Nicht so bei Herz, das diese schwierigen Zeiten überstanden hat. Drei Herren haben das Unternehmen geprägt, die Gründerväter Franz Gebauer und Viktor Lehrner, die 1896 als Firma Gebauer & Lehrner mit 12 Mitarbeitern in der Herzgasse im 10. Wiener Gemeindebezirk begonnen haben, Wasserhähne herzustellen. Und fast 100 Jahre später Dr. Gerhard Glinzerer, der studierte Betriebswirt und Jurist, der 1989 das Unternehmen erworben - und mit viel Geschick, Weitsicht und Managementqualitäten zu einem globalen Player ausgebaut hat.

Gerhard Glinzerer

Produkte der Heizungstechnik werden zu zweitem Standbein

Gehen wir kurz in die Retrospektive. Die schönen, verschnörkelten Waschtischarmaturen und Badezimmerbatterien aus der Gründerzeit von Herz könnten heute, mit moderner Technik ausgestattet, durchaus als nostalgische Armaturen eine Renaissance erfahren. 1908 umfasste der Produktkatalog bereits 200 Seiten mit einigen Tausend Produkten. Im Laufe der Jahre beschäftigte sich das Unternehmen mehr und mehr mit der Heizungstechnik. So wurde in den 1950er Jahren das schon legendär gewordene Herz AS Heizkörperventil auf den Markt gebracht und 1995 der Design Thermostatkopf. Langlebige Produkte, die man noch heute in vielen Wohnungen und öffentlichen Gebäuden antrifft. Bedeutende Innovationen in den 1960er Jahren führten zu einem Exportschub. Jetzt war es höchste Zeit, das Marketing aufzubauen. In den Annalen ist ein lustiger Werbespruch zu lesen: „Lieben und Heizen muss man mit HERZ”. Eine bedeutende Innovation stellte das Strangregulierventil „Strömax” dar, das die von Hand geregelten Ventile ablöste. 1970 wurden bereits 1,8 Millionen Strangregulierventile europaweit verkauft.

Die Umfirmierung von Gebauer & Lehrner KG auf Herz Armaturen AG erfolgte 1973. Die Herz Energietechnik, Hersteller von Stückholzkesseln, übersiedelte 2011 vom steirischen Sebersdorf in den neu errichteten Standort Pinkafeld. Herz bezog 1986 das neue Headquarter in der Richard-Strauss-Straße in Wien Inzersdorf.

Intensive Bearbeitung der Oststaaten nach der Öffnung

1989 begann mit dem Eintritt von Dr. Gerhard Glinzerer als geschäftsführender Gesellschafter eine neue Ära in der Firma Herz. Das Unternehmertum wurde vom Management abgelöst, und das war wohl auch nötig, denn Herz mit damals 200 Mitarbeitern schwächelte zu diesem Zeitpunkt. Mit einer dünnen Kapitaldecke und großem unternehmerischen Risiko ist Glinzerer in das Unternehmen eingestiegen und hat sehr schnell erkannt, dass sich nach dem Ende des Kommunismus in Osteuropa ein immens großer Markt eröffnet hat, den es zu bearbeiten galt. Sein persönliches Engagement in vielen Staaten des Ostens, nicht nur auf der Vertriebsseite, sondern ebenso im wissenschaftlichen Bereich bei Universitäten und sonstigen Ausbildungsstätten, brachte nicht nur ihm, sondern auch der Firma Herz einen hohen Bekanntheitsgrad ein. Viele Fachbücher, nach denen heute noch in den Staaten des ehemaligen Sowjetreiches gelehrt und geplant wird, stellte Herz in 13 Sprachen zur Verfügung. Wen wundert es, dass Glinzerer in den vergangenen Jahren multiple Dr.hc von verschiedenen Universitäten verliehen bekommen hat. Verlangt man in der Firma, Dr. Glinzerer zu sprechen, so heißt es nicht selten: „Der Herr Doktor ist diese Woche in Georgien, Serbien oder Kasachstan.” Ein nicht alltägliches Phänomen, dass der Firmenchef sich die Zeit nimmt und selbst die Geschäftspartner im Ausland besucht. Diese Bodenhaftung zeichnet Glinzerer von je her aus. Eine Reihe von Produktionsstandorten wurde in Osteuropa zugekauft. Der Mitarbeiterstand wuchs zur Jahrtausendwende auf fast 1.000 Beschäftigte bei einem Umsatz von 50 Mio. Euro.

Dämmstoffzukauf führt zu erheblichem Wachstum

Der Expansionsmotor lief im neuen Jahrtausend auf vollen Touren, man wollte vom Herz Armaturen Image wegkommen und zu einem breit aufgestellten Anbieter auf dem Heizungsmarkt werden. Diversifikation war angesagt. Die Herz Energietechnik in Pinkafeld erzeugt und vertreibt ein umfangreiches Programm für eneuerbare Energiesysteme, biogen befeuerte Kessel bis 15.000 kW für Wärme-, Dampf- und Stromerzeugung, aber auch für die Verwertung von Sonderbrennstoffen. Zusätzlich stehen Wärmepumpen zum Heizen und Kühlen auf dem Programm. Mit dem Zukauf der Firma Binder wurde das Leistungsportfolio von Biomassekesseln bis auf 20 Megawatt erweitert. Zur Herz Gruppe gehört unter anderen die serbische Firma Feniks BB, die Fernwärmeübergabestationen und automatische Regel- und Regulierventile erzeugt. Das dritte Standbein sind Dämmstoffe aus expandiertem Polystyrol, Polypropylen und Polyethylen für den Baubereich und Flächenheizungen, erzeugt von der Kärntner Firma Hirsch Servo AG, die mit 1.700 Beschäftigten im In- und Ausland seit 2014 zur Herz Gruppe gehört. Vorstand in diesem Unternehmen ist Harald Kogler, der diesen Konzernbereich durch Zukäufe permanent ausbaut. Wie Gerhard Glinzerer berichtete, umfasst zurzeit die Herz Gruppe 3.500 Mitarbeiter und 40 Produktionsstandorte weltweit. Der Umsatz liegt bei ca. 600 Mio Euro. Aufgrund des Exportwachstums und der Internationalität ist der Umsatz in Österreich auf weniger als 10 % zurückgegangen.

Es ist HERZerfrischend, dass ein erfolgreiches österreichisches Unternehmen nicht von international tätigen Konzernen aufgekauft wird, sondern vielmehr selbst zu einem Konzern herangewachsen ist. Und das ist der Verdienst eines Mannes, Gerhard Glinzerer. Es ist erstaunlich, wieviel Energie in einem Menschen schlummert, denn neben der Unternehmensführung bekleidet Glinzerer noch eine Reihe ehrenamtlicher Funktionen. Seit Jahrzehnten ist er Präsident des Fördervereins des Wiener Heizungsmuseums Brennpunkt und seit Neuestem Vorstand des Zukunftsforums SHL. Der Verfasser dieses Berichts wurde zu einem runden Geburtstag von Dr. Glinzerer mit den Wünschen bedacht, “ad multos annos”. Dieser Wunsch kommt nun an ihn und sein Unternehmen zurück. Weiterhin viele erfolgreiche Jahre wünscht das TGA-Team.

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