Zotter, Steiermark

Schokoladenseite des Lebens
Zotter Schokolade

Das grüne Herz Österreichs sticht diesmal mit einer anderen Farbe hervor - Schokoladenbraun. Josef Zotter, Gründer und Inhaber der berühmten Zotter Schokolade, empfängt HERZ News in der Zotter Bean-to-Bar Fabrik in Riegersburg um über den fairen Handel und die Schokoladenseite des Lebens zu sprechen.

Die Schokolade erfüllt viele Zwecke im Leben - sie hat je nach Kakaoanteil positive Effekte auf das Herz-Kreislauf-System, kann aber auch verschenkt werden, um unseren Liebsten eine Freude zu bereiten. Ihr wird auch die Bildung vom stimmungsaufhellenden Serotonin (Glückshormon) nachgesagt. Natürlich gilt das alles nur, wenn die Konsummenge richtig dosiert wird und die Qualität stimmt. Die Auswirkung auf die schöne Figur lassen wir lieber außen vor.

Die Kakaoplantagen

Die Kakaoplantagen in Westafrika (Ghana und Elfenbeinküste) decken heute ca. 65 Prozent der weltweiten Ernte ab. Da die Kakaopflanze als Schattengewächs sehr anspruchsvoll ist, benötigt sie bei einer durchschnittlichen Temperatur von 25_°C eine Mindestmenge an Niederschlag über das ganze Jahr verteilt sowie ein natürliches Blätterdach, das die Kakaobäume vor direkter Sonneneinstrahlung schützt. Daher eignen sich vor allem Regenwaldgebiete in der Nähe des Äquators am besten für den Anbau. Wird jedoch der Regenwald für Monokulturen großflächig abgeholzt und werden Pestizide eingesetzt, führt dies zu Kritik. Ebenso ist Kinderarbeit in diesen Ländern ein großes Problem.

Zotter Schokolade zählt zu den wenigen Bio-Schokoladenmarken weltweit, die sich für einen fairen Handel einsetzt und die Ausbeutung von Menschen sowie Natur bei der Herstellung der eigenen Schokolade ausschließt. Als der Preis des Rohmaterials während der Pandemie zurückging, nutzte Josef Zotter die Situation nicht aus, sondern motivierte seine Kakaobauern die Zeit zur Qualitätsverbesserung zu nützen. Als Mitglied der World Fair Trade Organization (WFTO), Dachorganisation des fairen Handels, ist das gesamte Unternehmen Fair Trade verifiziert. Dies bedeutet unter anderem, dass faire Löhne bezahlt werden, keine Kinderarbeit stattfindet und Sorge für die Umwelt getragen wird.

HERZ News: Herr Zotter, wie sehen Sie die Situation in Bezug auf die Kritik an den Kakaoplantagen?

Josef Zotter: Bio ist die Lösung. Kakao muss biozertifiziert sein, sonst greife ich ihn nicht an. Ich muss es auch gar nicht groß betonen, denn bei uns ist alles Bio. Zum ersten Mal in meinem Leben hat es auch wirtschaftliche Früchte gebracht. Die Preise für Düngemittel sind massiv gestiegen, aber Öko- und Bio-Betriebe waren davon nicht betroffen, weil wir diese nicht verwenden. Wir sind ein Ökobetrieb und haben sehr viel in erneuerbare Energie investiert. Wir verfügen über unsere eigenen Photovoltaikanlagen und haben immer schon Ökostrom verwendet. Zudem hatten wir keine Lieferketten-Probleme während der Pandemie, da wir viel Segelkakao (Transport des Kakaos erfolgt mit Segelschiff) verwenden. Ich kann es nicht oft genug betonen: Das ist die Zukunft.

HERZ News: Der faire Handel ist Ihnen besonders wichtig. Sie haben auch eine sehr enge Beziehung zu den Kakaobauern, richtig?

Josef Zotter: Sicher. Meine Eltern waren Obstbauern. Mein Vater hat genau gewusst, wann er den Apfel zu pflücken hat. Der wächst nicht im Supermarkt, sondern am Land. Das ist der Grund, warum ich auch in den fairen Handel gegangen bin, weil nur der Bauer weiß genau, wann der Zeitpunkt der Ernte gekommen ist. Man kann nicht mit der Technologie beginnen, man muss beim Bauer anfangen. Zuerst kommt der Bauer mit dem Rohstoff, dann die Technologie, also wir mit unserem Know-how und dann der Konsument, der den Preis zahlt. Wir müssen uns alle in die Augen schauen können.

HERZ News: Sie sind ja gelernter Koch und Konditor, wie haben Sie Ihre Leidenschaft zu Schokolade entdeckt?

Josef Zotter: Ich habe den Beruf des Kochs gelernt, weil er der einzige Fluchtweg von hier war (lacht). Da konnte ich weltweit arbeiten. In meiner Lehrzeit bin ich draufgekommen, dass ich ein sehr sensorisches Gedächtnis habe. Mein Küchenchef hat mir einmal die Rezeptur aufgesagt und ich hatte sie in meinem Kopf, sowie den Geschmack der Kombinationen. Ich sehe die Rezeptur und kann sagen wie die Kombination schmeckt. Durch meine "Fressberufe" habe ich immer mit Lebensmitteln zu tun gehabt und auch mit Schokolade.

HERZ News: Diese Fähigkeit ist ein großer Vorteil für Sie in Ihrem Beruf. Vor allem wenn ich bedenke, was für eine Vielfalt an Sorten und verschiedenen Geschmacks-Kombinationen Sie haben.

Josef Zotter: Schokolade harmoniert mit so vielen Aromen. Kakao selbst hat 600 Aromen wie Paprika, scharfe Aromen, süße Aromen, Nussaromen, etc. - das ist ein Wahnsinn. Diese Vielfalt hat mich dazu inspiriert sie voll auszuschöpfen. Wenn Kakao durch das Rösten so viele Nussaromen entwickelt, dann kann ich das erweitern. Ich dachte mir „Ok, wie gehst du mit sovielen Aromen um?“ Der zündende Moment war dann, die handgeschöpfte Schokolade zu machen. Durch das Schichtensystem, bei dem bis zu 8 Schichten übereinandergelegt werden, entsteht der besondere Geschmack.

HERZ News: So haben Sie sich entschieden Chocolatier zu werden?

Josef Zotter: Soziale Komponente und handgeschöpfte Schokolade waren die Ausgangspunkte, dass ich mich entschieden habe Schokolade zu machen. Ich habe mir immer die Frage gestellt warum Österreich, die Schweiz und Deutschland als typische Länder für Milchschokolade gelten und warum alles so gleich schmeckt. So habe ich dann im Rahmen eines Entwicklungsprojektes meine erste Reise nach Nicaragua gemacht. Das erste was mir in der Stadt aufgefallen ist, war der enorme Klassenunterschied. Auf der linken Seite der Straße waren die Kinder auf der Straße, voller Armut. Gleich gegenüber auf der rechten Seite der Straße war Reichtum - schöne Häuser, Garagen, alles top. Ich dachte mir das kann nicht sein.

HERZ News: Das führte Sie zum Ursprung der Schokolade, also zu Kakao?

Josef Zotter: Die großen Industrien, die Kräfteverhältnisse von den Big-Players und die Menschen vor Ort in Armut machten es mir klar. Es ist mir bewusst geworden, warum wir so viel Milchschokolade haben. Bei Milchschokolade muss der Kakao nicht besonders gut sein. Mir kam dann der Gedanke von dunkler Schokolade. Würde die Qualität aber dann passen? Ich habe mich mit den biologischen und den sozialen Verhältnissen auseinandergesetzt. Die Bauern vor Ort haben keine Verwendung für Kakao, sie essen das Fruchtfleisch und werfen die Kerne weg. Sie kennen die Schokolade so wie wir sie kennen nicht, weil es dort keine Kultur dafür gibt. Wir haben ihnen klar machen müssen, dass sie das Fermentieren richtig gut durchführen müssen.

HERZ News: Entstand so das Projekt "Qualität statt Armut"?

Josef Zotter: Spenden alleine ist nicht die Lösung. Die Menschen haben ihren Stolz. So haben wir einen Deal mit ihnen gemacht - wir schauen uns in die Augen. Der Bauer muss den Kakao zum richtigen Zeitpunkt ernten und richtig verarbeiten, dann gelangt der Kakao zu uns, also zu unserer Technologie. Wir widmen uns der Qualität. Zwar kommen wir hier in eine gewisse Langsamkeit, aber dafür in ein besseres Leben, weniger Verbrauch und eine längere Haltbarkeit.

HERZ News: Bei über 1.800 Sorten und jährlich 80 Innovationen mit neuen Kombinationen und Geschmäckern, wie kommen die Rezepturen zu Stande?

Josef Zotter: Wir reden alle von Innovation, aber was ist die Innovation? Innovation ist ein Risiko. Eine Innovation bringt die Menschheit weiter. Fehler passieren natürlich, sowie bei meinen Schokoladen, es gibt grausliche auch (lacht). Geht man aber auf Nummer sicher, kommt man nicht voran. Menschen sind unterschiedlich und haben verschiedene Geschmäcker. Wenn du alles vorher probierst, nimmst du die Spitze vom Erfolg weg und bist durchschnittlich. Das Geniale geht verloren. Man muss die Idee leben lassen, weil sonst kommt man weg davon. Ich kann mit Gewissheit sagen, die interessantesten Sorten sind die, die sich schlecht verkaufen. So lernt man.

HERZ News: Sie haben also keine Angst vor dem Scheitern?

Josef Zotter: Ich bin schon gescheitert, ich gehe aber offensiv damit um, ganz bewusst, weil ich bin geherzt von der Sache mit allen Kanten, Höhen und Tiefen. Nur wenn du an die Kante gehst, siehst du am meisten. Ich versuche den jungen Leuten mitzugeben, dass sie keine Kredite oder Schulden haben müssen. Die Angst vor dem Scheitern kostet so viel Energie. Mach ein geiles Produkt, steh dahinter und mache alle Fehler solange du noch klein bist.

HERZ News: Sie sagen also, raus aus dem Schubladendenken alles richtig machen zu müssen und schnell erfolgreich zu sein, dafür austoben und alles mit Herz machen?

Josef Zotter: Ich bin beseelt von meinem Job. Ohne diesen geht das gar nicht. Das Wichtigste sind unsere Lehrer, sie müssen Talente finden. Wenn Kinder in ihren Talenten gestärkt werden, anstatt sich auf ihre Schwächen zu konzentrieren, wären sie besser weiterentwickelt. Es werden soviele Menschen mittelmäßig ausgebildet, dass sie später nicht mehr wissen, was sie wollen. Die Gesellschaft tickt momentan auf StartUps, Population, "Wann kann ich mir mein Haus kaufen?", etc. Geld macht nicht glücklich. Glücklich macht nur, wenn man sich damit beschäftigt, was einem am Herzen liegt. Das Schubladendenken bringt uns nicht weiter.

HERZ News: Was möchten Sie unseren HERZ News Lesern zum Abschluss noch mitteilen?

Josef Zotter: Die Maximierung der Menschlichkeit ist der größte Gewinn. Alles wird automatisiert, alles wird anonym, das ist die wirtschaftliche Komponente, aber die Menschlichkeit ist alles, was wir haben. Wir sollten immer bedenken, dass wir nicht alleine auf der Welt sind. Wir sind eine Gemeinschaft. Jeder Mensch hat das Recht auf ein gutes Leben. Wenn die Verteilung funktionieren würde, hätten wir ganz schöne Jahrhunderte vor uns. Außerdem: Eine Tafel Schokolade in der Woche ist genug (lacht) - eine gute, eine besondere Tafel. Es geht um Genuss, um Vielfalt, um das sinnliche Erlebnis. Schokolade ist etwas Sinnliches, kann aber auch ganz schön bitter sein im sozialen Sinn, wenn sie nicht Fair gehandelt ist.

HERZ News gratuliert Zotter Schokolade für den internationalen Erfolg aus der Steiermark und bedankt sich für den jahrelangen Einsatz des HERZ Kessels bei der Produktion von Schokolade.

Die Geschichte des Kakaos Kakaobohne als Zahlungsmittel

Ursprünglich aus dem Amazonasgebiet stammend, fand die Kakaobohne zunächst in Mittelamerika ihren Platz. Die gut haltbaren und handlichen Kakaobohnen wurde von der indigenen Bevölkerung der Maya (ca. 400 - 900 n. Chr.) in Mexiko und Mittelamerika sogar eine Zeit lang als Zahlungsmittel verwendet. Damit die Kaufkraft besser visualisiert werden kann: Mit 100 Kakaobohnen konnte man bereits einen kräftigen Sklaven kaufen.

Xocóatl - das bittere Wasser

Forscher haben Kakaoreste in Tontrinkgefäßen entdeckt, die auf Jahrtausende vor Christus zurückgehen. Die Maya gelten jedoch als das Volk, dem der gezielte Anbau sowie die mehrfache Verwendung der Kakaobohnen zugeschrieben wird. Kakaobohnen wurden von Mayas nämlich nicht nur als Zahlungsmittel verwendet, sondern auch als ein heiliges Nahrungsmittel betrachtet und bei religiösen Zeremonien und Ritualen eingesetzt.

Einer Legende nach erhielten die Maya die Rezeptur für die Herstellung des Kakaogetränkes von Kukulcan - dem gefiederten Schlangengott. Die Kakaobohnen wurden zu einer Paste gemahlen und anschließend mit Wasser, Gewürzen sowie Chilischoten zu einem bitteren und scharfen Getränk verarbeitet.

Auch von den Azteken (14.-16. Jahrhundert) wurden diese Traditionen und Rituale übernommen. Der heutige Begriff "Schokolade" entwickelte sich aus dem Aztekischen. Sie nannten das kakaohaltige Getränk nämlich "Xocóatl" - "xocó" steht für bitter und "atl" für Wasser. Die stimmungsaufhellende Wirkung von Kakaobohnen trug auch dazu bei, das Wunderprodukt für medizinische Zwecke einzusetzen.

Europa trifft auf Kakao

Nach Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus im 15. Jahrhundert und der spanischen Eroberung des Aztekenreiches durch Hernán Cortés,

kamen unter anderem die ersten Kakaobohnen nach Europa.

Da die Bohne selbst keinen süßlichen Geschmack hat, wurden am spanischen Hof Experimente mit Honig und Rohrzucker an der Kakaobohne durchgeführt. Aufgrund des aufwendigen Verarbeitungsprozesses und der Seltenheit der Bohnen, war die "Speise der Götter" zunächst nur dem Adel vorbehalten.

Kakaobohnen wurden bis ca. Mitte des 19. Jahrhunderts nur in flüssiger Form konsumiert. Mit wachsender Beliebtheit verbreitete sich der Kakaoanbau erst Ende des 19. Jahrhunderts in der "alten Welt". Weitere Verarbeitungsverfahren der Kakaobohnen führten zu der Geburtsstunde der uns heute bekannten Schokolade in fester Form.

HERZ Dampfkessel im Einsatz Die Schokolade wird ins Leben gerufen

Die Entstehung der Schokolade durchläuft verschiedene Prozesse. Nach der Qualitätsüberprüfung werden die Kakaobohnen gereinigt und je nach Kakaotyp geröstet. Zotter Schokolade verwendet für den Röstprozess einen 840 kW Binder Dampfkessel. Die Dampfenergie wird komprimiert und der Kakao wird mit Dampf geröstet. Der Brennstoff, welcher zum Teil auch aus Kakaoschalen besteht, wird mittels Knickarmaustragung und Transportschnecke in die Einbringschnecke transportiert, womit er in den Heizkessel eingebracht wird.

Nach dem Röstprozess erfolgt die Debakterisierung. Sobald die Kakaobohnen zu Kakao-Nibs klein gebrochen sind, werden sie in der Vormühle gemahlen, wodurch die Kakobutter schmilzt. Dadurch entsteht die flüssige Rohkakaomasse, welche ziemlich bitter schmeckt. Für den süßen Geschmack werden Zucker und Milch hinzugefügt, wodurch die Masse einen groben Zustand erhält. Unter hohem Druck auf der Walze wird die Masse dann verfeinert und anschließend stundenlang in der Conche (spezielles Knet- und Rührwerk) veredelt. Nun erhält die Schokolade die richtige Konsistenz, um je nach Geschmack und Kreativität weiterverarbeitet zu werden.

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